Sonntagskolumne: Verliebte Jungs

Bild: facebook.com/lgbtiqmilitary

Wie jedes Jahr verbringe ich Anfang Juli ein paar Tage im Diemtigtal. Hier oben kann ich so wunderbar die Seele baumeln und die Gedanken schweifen lassen.

Auch heute an diesem Sonntagmorgen sitze ich zusammen mit meinen Partner auf der Laube draussen. Noch ein paar Augenblicke und der Kaffee wird auf dem Holzherd seinen Duft verbreiten und uns aus der Trunkenheit der gemeinsamen Nacht wecken.

Der Kaffee ist bereit. Er und die feine Züpfe vom Beck in Zwischenflüh schmecken herrlich. Wir geniessen die Zweisamkeit. Unser Blicke schweifen runter in den Mäniggrund, hinauf zur Wiriehorn und zur Niesenkette. Am Himmel kreist ein grosser Vogel. Die Weide vor dem Haus blüht in allen Farben. Die monoton klingenden Glocken der Kühe wirken beruhigend …

Ich finde: Das Leben ist herrlich!

Ich zeige meinem Freund ein Bild, das ich auf Facebook entdeckt habe und mich seither nicht mehr loslässt. Es zeigt zwei Jungs. Ich schätze die beiden knapp über 20. Beide stecken in Uniformen, sie kämpfen als Soldaten für die Freiheit der Ukraine.

Das Bild strahlt so viel Liebe aus. Beide haben sicher Schmetterlinge im Bauch, wollen sich nicht mehr loslassen, sich und ihre Liebe festhalten – so wie es war, als ich meinen Freund vor bereits vielen Jahren kennengelernt habe – und so wie es noch immer ist. 

Im Begleittext zum Selfie erfahre ich, dass die beiden Jungs Sasha und Andrew heissen, sich auf einer Dating-Plattform kennengelernt haben. Beide sind Soldaten in unterschiedlichen Einheiten der ukrainischen Armee und können sich nur selten sehen. Sie versuchen aber, sich regelmässig zu treffen und mindestens eine Stunde zusammen zu verbringen.

Die beiden Jungs schreiben auf Facebook: Die Liebe ist eine mächtige Sache!

Sasha und Andrew sind Mitglied einer Organisation, die «Ukrainian LGBTIQ+ Military for Equal Rights» heisst und sich für die rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in der Ukraine einsetzt.

Je länger ich das Bild der beiden Jungs betrachte, desto sprachloser werde ich: Krieg zerstört Leben, macht Zukunft schwierig.

Ich bin dankbar für mein privilegiertes Leben.

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