Es ist einleuchtend: Um den LGBTIQ-Personen im Freiheitsentzug ihre Rechte zu garantieren, muss mensch zunächst ihre Situation kennen. Im März 2018 wurde deshalb im Nationalrat von Lisa Mazzone (Grüne) ein entsprechendes Postulat eingereicht – und soeben vom Nationalrat abgelehnt.
Das Ziel des Postulats war klar definiert: «Der Bundesrat wird beauftragt, einen Bericht über die Situation von LGBTIQ-Personen zu erstellen, die in der Schweiz inhaftiert sind». Der Bericht hätte Menschenrechtsverletzungen in Bezug auf sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale aufzeigen sollen. Obschon die aufgeworfenen Fragen «zweifellos wichtig» seien, hat der Nationalrat das Postulat klar abgelehnt. Die genaue Zahl der inhaftierten LGBTIQ-Personen sei nicht bestimmbar, da das Recht auf Schutz der Persönlichkeit «Fragen zur sexuellen Orientierung der inhaftierten Personen» verbiete, erklärte Bundesrätin Karin Keller-Suter vor der Abstimmung im Nationalrat. «Zur Frage, ob die Rechte der betroffenen Personen in der Haft verletzt werden, stellen wir fest, dass keine entsprechenden Fälle aktenkundig sind.» Seit der Einreichung des Postulats habe das Schweizerische Kompetenzzentrum für den Justizvollzug zudem die Erstellung konkreter Empfehlungen in Angriff genommen. Diese sehen unter anderem die Information, die Sensibilisierung und die Ausbildung von Fachleuten vor. «Alle Personen in Haft müssen vor Misshandlungen geschützt werden», führte Bundesrätin Keller-Suter weiter aus. «Dazu gehören selbstverständlich auch LGBTIQ-Personen, das ist unbestritten.» Der Nationalrat hat die Vorlage trotzdem mit 98 gegen 80 Stimmen bachab geschickt.
Der Nationalrat verschliesst somit bewusst die Augen vor den Menschenrechtsverletzungen an LGBTIQ-Menschen im Freiheitsentzug. «Traurig-empörend, diese Haltung von FDP, Mitte und SVP», schreibt Transgender Network Switzerland dazu auf Facebook.
LGBTIQ-Menschen sind in Vollzugseinrichtungen besonders verletzlich. Ihre Situation reicht von Unsichtbarkeit bis Stigmatisierung. Zum einen werden ihre speziellen Bedürfnisse nicht beachtet bzw. vernachlässigt, oder die Justizbehörden sind ganz einfach nicht in der Lage, geeignete Schutzmassnahmen zu treffen. Zum andern sind diese Personen Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Trans Menschen sind besonders betroffen, namentlich, weil sie unangemessen untergebracht werden und ihnen die Aufnahme oder Weiterverfolgung von hormonellen oder chirurgischen Behandlungen zur Geschlechtsangleichung verweigert wird.