Wie jeden Sonntag um diese Zeit weckt mich an meinem Wohnort das viel zu laute Geläute der Kirchenglocken, die mich unmissverständlich auffordern, doch den Gottesdienst zu besuchen. Ich lehne auch heute die Einladung ab und widme mich stattdessen einem ersten Kaffee und via Smartphone den News dieser Welt. Und da geht es heute auffallend «kirchlich» zu.
Ich habe keine Ahnung wo Kleinschwarzenlohe liegt. Google findet aber für mich – oh sonntägliches Wunder – einen spannenden Artikel aus jenem Ort. Lisa arbeitet da als Erzieherin in einem katholischen Kindergarten. Sie sei eine «liebevolle und geschätzte Erzieherin», sagt eine Mutter, die ihren Namen aber lieber nicht in der Zeitung lesen will. «Die Kinder sind gerne bei ihr» und es sei schade, dass «die gute Kraft nun gehen müsse». Ja, weg mit der «guten Kraft», findet Lisas Arbeitgeber. Im Namen der Trägerin des Kindergartens, eine katholische Kirchenstiftung, habe ihr Chef, ein Herr Pfarrer, erklärt, dass eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht in Frage käme. Grund: Lisa will die Hochzeitsglocken läuten lassen und in diesem Jahr ihre Partnerin heiraten.
Diese Kündigung ist in Deutschland legal, unterscheiden sich die arbeitsrechtlichen Regelungen für Mitarbeitende von Kirchen erheblich von den für sonstige Arbeitnehmer*innen geltenden Bestimmungen – «Sünder» darf die Kirche feuern.
Nun ja, Kleinschwarzenlohe ist ja weit weg – weiter weg als Sitten im Wallis. Da gleichgeschlechtliche Paare im Wallis nicht heiraten dürfen, können sie sich auch nicht scheiden lassen. Daher ist die Story aus dem Wallis für mich etwas weniger interessant – aber genau so schräg wie die soeben erzählte Geschichte von Lisa und ihrer Partnerin.
Eine Frau lebt mit einem Mann zusammen, der sich «in der Scheidungsphase befindet», steht im Dienst des Bistum Sitten und unterrichtet Ethik und Religion an Primarschulen. Nun hat das Bistum das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Wer offiziell für die Verkündigung des Evangeliums beauftragt sei, müsse in seinem Engagement den Richtlinien der Kirche folgen. Und wenn sich Mitarbeitende nicht an die kirchlichen Richtlinien halten, seien die Gläubigen «schockiert». Um diesem Schock vorzubeugen, habe er die Frau gefeuert, erklärte der Walliser Bischof Jean-Marie Lovey.
Auch diese Kündigung ist legal, die kantonale Erziehungsdirektion hat hier kein Mitspracherecht. Kirchliche Mitarbeitende, welche an Schulen unterrichten, würden durch das Bistum geschult und ausgewählt. Und ich – der am Sonntagvormittag lieber News aus aller Welt liest, statt dem Glockengeläut folgend in der Kirche zu verbringen – frage mich, was das Gedankengut der katholischen Kirche an öffentlichen Schulen zu suchen hat. Sind Kirche und Staat nicht getrennt?
Aber eben: Als schwuler Mann, der seine Sexualität auslebt, bin ich aus katholischer Sicht ein «Sünder». Zudem erlaubt sich der Staat meine Rechte zu beschränken und mir beispielsweise die Ehe zu verbieten. Zum Glück hat es in der weiten Welt des Internets viele süsse Katzenbilder – die lenken so schön von den Problemen dieser Welt ab – und zudem steht jetzt der sonntägliche Brunch bereit. Mein Mann ist ein Schatz!