Der Bundesrat muss das Unrecht aufarbeiten, das Homosexuellen in der Armee bis in die 90er-Jahre angetan worden ist. Der Nationalrat hat gestern mit 132 zu 52 Stimmen und mit sieben Enthaltungen einem Postulat der SP-Fraktion zugestimmt – gegen den Willen der SVP-Fraktion.
Postulantin Priska Seiler Graf (SP) unterrichtete den Nationalrat in ihrem Votum über die damals gängige Praxis, Homosexuelle in den Dienstunterlagen mit den mit Bleistift angebrachten Buchstaben «HS» zu kennzeichnen. Den diskriminierenden Eintrag vorgenommen hätten das damalige Militärdepartement oder aber zuständige Truppenkommandanten.
Die Markierung mit den beiden Buchstaben hatte für Betroffene weitreichende Folgen. Und selbst nach 1992 – nach der Revision des Sexualstrafrechts* – habe es noch solche Einträge und unbestätigte Hinweise auf schwarze Listen gegeben, um Schwule von höheren Dienstgraden fernzuhalten, wie Priska Seiler Graf weiter ausführte.
Die SVP lehnte das Postulat ab. Monika Rüegger (OW) sprach während der Debatte von einem «Generalverdacht» gegenüber Vätern und Grossvätern. Einmal mehr werde jedes Mittel genutzt, die Armee als schlecht hinzustellen.
Der Bundesrat anerkenne den Umgang der Armee mit Homosexuellen und anderen Minderheiten als relevantes Thema, sagte Verteidigungsministerin Viola Amherd im Rat. Erschwert werde die Aufarbeitung der Vorfälle indes durch datenschutzrechtliche Vorgaben. Daten zu Armeeangehörigen würden in der Regel längstens fünf Jahre nach dem Ende der Dienstpflicht aufbewahrt. «HS»-Einträge aus den frühen 90er-Jahren und früher dürften daher kaum mehr vorhanden oder zumindest nicht repräsentativ erhebbar sein, es werde Befragungen von Zeitzeugen brauchen.
*Am 17. Mai 1992 stimmten – nach einem Referendum der EDU – die Schweizer*innen an der Urne der Revision des Sexualstrafrechts zu. Mit der Revision wurden endlich für Homosexuelle die gleichen Massstäbe wie für Heterosexuelle bezüglich Schutzalter, Prostitution und geschlechtliche Handlungen im Militär gesetzt.