Das Schulprojet «ABQ» wurde 1999 gegründet und besteht als rund 20 aktiven Schulbesucher*innen. «ABQ» ist ein Wortspiel aus «ABC» und «queer» – also «nicht heterosexuell» und nicht «cis-normativ». Die rund 35 Schulbesuche des gemeinnützigen Vereins ermöglichen den Jugendlichen eine direkte und offene Begegnung mit queeren Menschen.
Vom Kanton Bern wurde das ABQ-Schulprojekts seit 2008 finanziell unterstützt – zuletzt 2019. Nach mehreren Jahren Unterstützung hat das Spitalamt für diese äusserst wichtige Arbeit kein Budget mehr gesprochen.
Am 3. Juni 2020 hat Natalie Imboden (Grüne) im Grossrat unter dem Titel «ABQ-Schulprojekte: nicht-heterosexuelle Orientierungen sollen an Berner Schulen authentische Präsenz haben» eingereicht. In der Begründung schreibt die Grossrätin, dass «das ABQ-Schulprojekt an der Schnittstelle von Gesundheitsförderung, Prävention und Bildung aktiv» sei. Während den Schulbesuchen würde «Jugendlichen eine direkte und offene Begegnung mit queeren Menschen» ermöglicht, dabei würden persönliche Begegnung entstehen, «die Gelegenheit zu einem offenen Dialog und zum Abbau von Berührungsängsten und Vorurteilen» ermöglichen.
Mit ihrem Vorstoss möchte Natalie Imboden vom Regierungsrat folgende Fragen beantwortet haben:
- Welche Bedeutung hat die Informationsarbeit über nicht-heterosexuelle Orientierungen bei Jugendlichen im Kanton Bern im Rahmen der Gesundheitsförderung und Prävention?
- Welchen Stellenwert hat die Informationsarbeit über nicht-heterosexuelle Orientierungen bei Jugendlichen im Kanton Bern im Rahmen der Schule?
- Warum hat der Kanton Bern die finanzielle Unterstützung (jährlich rund 10 000 Franken) für 2020 nicht gesprochen?
- Was hat sich seit dem Vorjahr geändert?
- Unter welchen Bedingungen ist der Kanton Bern bereit, das Projekt wieder zu unterstützen?
Im vergangenen November hat der Regierungsrat die Fragen von Natalie Imboden beantwortet. Drastische Sparmassnahmen hätten – daran ist auch die weitere Finanzierung der LGBT+ Beratung von hab queer bern gescheitert – eine «stärkere Priorisierung» zur Folge, Budgets würden seither «detaillierter analysiert» und die «Zuständigkeiten genauer geprüft». Zudem habe das Spitalamt der Gesundheits‑, Sozial- und Integrationsdirektion GSI (Direktor ist Pierre Alain Schnegg) das Gesuch des Vereins ABQ abgelehnt, «da das Gesundheitsgesetz keine Priorisierung des Settings Schule» enthalte und die GSI «keinen expliziten gesetzlichen Auftrag» habe, Angebote im schulischen Kontext zu finanzieren. Die Ziele, die Schüler*innen bei den Themen Beziehung, Liebe, Sexualität und Sexualaufklärung seien bereits im Lehrplan 21 definiert – entsprechende Kompetenzen würden auch die Thematisierung der sexuellen Orientierung (und der Geschlechtsidentität auch?) beinhalten.
Ein Satz ist mir in der Antwort des Regierungsrates besonders aufgefallen: «Für Schülerinnen und Schüler ab der 6. Klasse besteht zudem das Angebot der Berner Gesundheit, an sexualpädagogischen Gruppengesprächen teilzunehmen». In diesen Gesprächen würden Fachpersonen u.a. auch Sexualität, Identität und Selbstbestimmung thematisieren – und da hätte Kinder und Jugendliche «Gelegenheit, die sexuelle Orientierung» zu thematisieren.
In der Direktion von Pierre Alain Schnegg ist offenbar die Tatsache, dass persönliche Begegnungen mit queeren Menschen die beste Gelegenheit zum Abbau von Berührungsängsten und Vorurteilen bieten, noch nicht angekommen.