Heute wurde bekannt, dass ein schwules Paar vor drei Wochen in der Basler Bar «Joggeli-Lounge» von drei Männern verprügelt wurde. Nach diesem traumatischen Erlebnis kommt es zum zweiten Schock: Die herbeigerufene Polizei will nicht eingreifen und nimmt den Fall nicht ernst. Die baselstädtische Regierung muss nun handeln, nachdem sie entsprechende Vorstösse seit Jahren vor sich hergeschoben hat.
Erich und Thomas wollten anfangs Oktober lediglich einen unbeschwerten gemeinsamen Abend geniessen. Nachdem sie eine Weile in der «Joggeli-Lounge» getanzt hatten, setzten sie sich an einen Tisch. Dann passierte es: «Drei Männer, die wir vorher noch nie gesehen hatten, kamen plötzlich auf uns zu und attackierten uns. Wir wollten uns gegenseitig helfen, doch wir hatten keine Chance und sind einfach möglichst schnell geflüchtet», beschreibt Thomas Mathis den Angriff. Die Bilanz des ruinierten Abends: Ein blaues Auge, eine offene Lippe, diverse Kratzer und Schürfungen im Gesicht, an den Armen und der Brust.
Noch vor Ort riefen sie die Polizei, die sich nur erkundigte, ob es dem Paar soweit gut gehe, aber nicht weiter tätig wurde. Auch einige Tage später auf dem Polizeiposten wurden sie abgewimmelt. Erst nachdem sie zwei ärztliche Bestätigungen der erlittenen Verletzungen vorlegten, wurde ihre Anzeige endlich aufgenommen. Trotzdem blieb die Polizei weiter untätig und verlangte vom Paar sogar, dass sie selbst bei der Bar nach allfälligen Videoaufnahmen und Corona-Anwesenheitslisten fragen. «Ich war sprachlos. Wir wurden als Opfer nicht ernst genommen. Es wurde sogar von uns erwartet, dass wir die Arbeit der Polizei machen!», erzählt Thomas. Sie wendeten sich deshalb für Unterstützung an Pink Cross, die dem Paar einen Anwalt vermitteln konnten.
Dass die beiden schwulen Männer solch schlechte Erfahrungen mit der Polizei machen mussten, ist auch der untätigen Basler Regierung geschuldet. Im Februar 2017 wurde ein parlamentarischer Vorstoss überwiesen, der eine Anlaufstelle für LGBTIQ-Personen fordert und in dessen Prozess die LGBTIQ-Organisationen auf die Notwendigkeit der Sensibilisierung der Polizei hingewiesen haben. Seit Mai 2019 ist ausserdem ein weiterer Vorstoss hängig, der diese Sensibilisierung explizit fordert.
Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, sagt dazu: «Längst hätte die Regierung den politischen Auftrag, Massnahmen gegen die Diskriminierung von LGBTQ-Personen zu beschliessen. Passiert ist bisher nichts, im Gegensatz zu anderen Kantonen.» So setzt beispielsweise der Kanton Freiburg einen Auftrag des Grossen Rates vom Mai 2019 bereits um: Die Freiburger Polizei ist in Zusammenarbeit mit der lokalen LGBTI-Organisation an der Ausarbeitung eines Sensibilisierungsprogramms und LGBTQ-feindliche Hassverbrechen werden schon statistisch erfasst.
Doch nicht nur in Basel-Stadt, sondern auch in den Kantonen Basel-Landschaft, Bern oder im Aargau wird der Schutz von LGBTQ-Personen auf die lange Bank geschoben. «Seit Jahren ist bekannt, dass LGBTQ-Personen hassmotivierten Angriffen und Diskriminierung ausgesetzt sind. Die Mehrheit der Bevölkerung will das nicht länger dulden, wie auch das Abstimmungsresultat im Februar 2020 zeigte. Doch die Regierungen bleiben weiterhin untätig, sogar wenn sie einen parlamentarischen Auftrag haben», beschreibt Roman Heggli die Situation.
Von Angriffen wie diesen bleiben meist nicht die körperlichen Verletzungen, sondern die seelischen. Auch Thomas und Erich merken das: «Wir getrauen uns nicht mehr einfach so in eine Bar, sondern checken vorgängig ab, ob es da schon mal zu einem Angriff auf Schwule kam.»
Die Politik muss die Auswirkungen von LGBTQ-feindlichen Angriffen und Diskriminierungen endlich ernstnehmen und handeln. Pink Cross fordert speziell die Regierungen der Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau und Bern dazu auf, die dort hängigen Vorstösse zur Sensibilisierung der Polizei und der statistischen Erfassung von Hate Crimes umgehend anzugehen und umzusetzen.
Gemäss einer Medienmitteilung