Am 29. Februar 2020 beugten sich ungefähr 50 – erfreulicherweise auch viele junge – Teilnehmende anlässlich des Forums «Es reicht!» über die Frage, was zu tun ist, um Hassverbrechen und vorangehende Hassreden und Hassverhalten gegenüber LGBTIQ-Menschen zu verhindern und ihnen präventiv vorzubeugen.
Gastbeitrag von Max Krieg
In der einleitenden Ansprache gratulierte die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr der Community zur und für den letzthin errungenen Erfolg mit der Erweiterung der Rassismus-Strafnorm und dankte ihr für den ständigen Einsatz zugunsten der Rechte von LGBTIQ-Menschen, die der Gesellschaft insgesamt zu Gute kommen. Und sie forderte uns alle auf, in unseren Bemühungen im Kampf gegen Hass, Diskriminierung und Stigmatisierung nicht nachzulassen.
Dirk Baier, Professor an der ZHWA, gab anschliessend einen Überblick über die Ergebnisse von Studien zur Erfassung von Neigungen zu Hassverhalten und Hassverbrechen in der Gesellschaft mit einem Fokus auf Jugendliche im Kanton Aargau. Aus seiner Sicht sind Hassrede und Hassverbrechen gegen LGBTIQ-Menschen von drei Faktoren abhängig: erkannte Tätergruppe, Opferverhalten und fehlende Kontrollen.
Im anschliessenden Workshop wurden Massnahmen zu bestimmten sozialen Räumen, wie Familie, Ausgang, Arbeitswelt, (staatliche) Institutionen, digitaler Raum zusammengetragen.
Martin Hafen, Professor an der Fachhochschule Luzern, gab im Schlussreferat einen Einblick in die systemtheoretische Erkenntnisse zu Präventionsmassnahmen, die in den allermeisten Fällen dem gleichen Mechanismus folgen. Im LGBTIQ-Fokus stehen Wissenschaft, Massenmedien, Politik und Rechtssystem, Individuen und Prävention. Nach ihm bedingt eine wirksame Prävention die Intervention auf fünf Ebenen: individuelles Verhalten, organisatorisches Verhalten, professionelles Handeln, spezifische Programme und schliesslich Politik und Recht. Inwieweit mit dem «individuellen Verhalten» nicht auch eine Selbstbeschränkung verbunden sein könnte, blieb dahingestellt.
Als Massnahmen und Methoden empfiehlt er Geschlossenheit und Selbstorganisation, Bildung (für Familie und Schulen), Vorstösse und soziale Proteste, Durchsetzung, organisatorische Massnahmen (wie Diversity-Management), Einbindung von Prominenten. Dies alles führt schliesslich zu einer Vielfachstrategie mit öffentlichem Präsenz, rollenden Bestrebungen zur «Normalität», Bildung aufgrund der Menschenrechte, Verantwortung von Organisationen, Massenmedien, Politik und Einzelpersonen.
Und hier kommen wir zur «Normalität», die die Community für sich selbst will, die aber nicht zum Verschwinden «unserer» Eigenheiten führen darf und soll. Aus diesem Grund machten die Forumsteilnehmenden dann auch den Anspruch geltend, dass eben nicht mehr von «Normalität», sondern von der «Selbstverständlichkeit» von uns LGBTIQ-Menschen in der Gesellschaft gesprochen werden soll.