Spannend, was die Parteien in ihren Medienmitteilungen zur an der Urne beschlossenen Erweiterung der Rassismus-Strafnorm schreiben. So ist etwa für die SP und für die Grünliberalen klar, dass auch Hass und Hetze aufgrund der Geschlechtsidentität verboten werden soll. Und die EDU auf der anderen Seite des politischen Spektrums ist sicher, dass «der Zeitgeist der LGBT-Lobby derzeit starken Rückenwind» gebe.
Angestossen wurde die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm durch SP-Nationalrat Mathias Reynard. Entsprechend zeigt sich die SP über das Abstimmungsresultat hoch erfreut. «Nun braucht es eine effiziente Umsetzung der Vorlage», wie die Partei in einer Medienmitteilung schreibt. Ausserdem fordert die SP, dass in einem nächsten Schritt auch Hass und Hetze aufgrund der Geschlechtsidentität verboten werden. «Erst dann erhalten auch trans Menschen den dringend nötigen strafrechtlichen Schutz.» Auch sei die nun geschlossene Gesetzeslücke nicht zuletzt ein starkes Zeichen für die Einführung der «Ehe für alle»: «Der Nationalrat muss nun die Zeichen der Zeit erkennen und in der Frühlingssession der Ehe für alle inklusive dem Zugang zur Samenspende für lesbische Ehepaare zustimmen».
Für die Grünen ist das Ja ein «erfreulicher Schritt in die richtige Richtung». In ihrer Medienmitteilung verspricht die Partei, sich weiterhin für die Rechte von queeren Menschen einzusetzen und fordert, dass die Ehe endlich mehrheitsfähig werde, homophobe und transphobe Straftaten künftig in einer nationalen Statistik erfasst werden und nebst dem Schutz vor Hass und Hetze aufgrund der sexuellen Orientierung auch ein besserer Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität umgesetzt wird.
Das klare Ja zum Schutz vor Hass sei ein deutliches Signal für eine Gesellschaft, in der sich alle frei und ohne Angst entfalten können, schreibt die Grünliberale Partei. «In Zukunft werden gleichgeschlechtlich Liebende vor kollektiver Verunglimpfung, Herabwürdigung und Hetze effektiv geschützt.» Dies werde auch dabei helfen, gewalttätige Übergriffe zu verhindern. Zudem versprechen die Grünliberalen, dass sie sich weiterhin dafür einsetzen, damit auch trans und inter Menschen vor «schmerzvoller Diskriminierung» geschützt werden.
Die CVP betont, dass die Rassismus-Strafnorm besonders verletzliche Minderheiten vor pauschalen Herabsetzungen und Diskriminierung sowie vor der Verletzung ihrer Menschenwürde schütze. «In einem Klima des Hasses und der Angst kann es keinen freien Austausch von Meinungen geben», schreibt die CVP weiter. «Darum ist die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm richtig und wichtig.»
Die FDP betont in ihrer Medienmitteilung, dass entgegen den Argumenten der Gegner die Meinungsäusserungsfreiheit weiterhin bestehen bleibt, da sachliche Aussagen nicht betroffen sind. «Mit der Erweiterung kann die Meinungsfreiheit aber nicht mehr als Deckmantel für die Verbreitung von Hass und Hetze im Internet missbraucht werden.»
Aus der Sicht der EVP ist das Ja zur Erweiterung der Rassismus-Strafnorm «ein klares Zeichen für mehr Schutz von Minderheiten gegen Hass und Hetze in unserer Gesellschaft». Die seit mehr als 20 Jahren bewährte Rassismus-Strafnorm habe «in der Vergangenheit Gruppen vor Diskriminierung und Aufruf zu Hass geschützt, ohne die kontroverse Diskussion oder die freie Meinungsäusserung unverhältnismässig einzuschränken», schreibt die Partei in ihrer Medienmitteilung.
Die SVP nimmt das Ja der Stimmbevölkerung zur Erweiterung der Rassismus-Strafnorm «zur Kenntnis», wie die Partei in ihrer Medienmitteilung schreibt. Die Partei werde die Umsetzung der Gesetzeserweiterung kritisch beobachten und die Befürworter in die Verantwortung nehmen: «Sie müssen nun beweisen, dass die neue Gesetzesbestimmung nicht der Deckmantel ist, unter dem politisch motivierte Urteile gefällt und unliebsame Meinungen und Stimmen zum Schweigen gebracht werden».
Für die EDU, die zusammen mit der Jungen SVP die Unterschriften für das Referendum gesammelt hat, sind die 63 Prozent Ja-Stimmen ein «Achtungserfolg». Die Partei hat offenbar eine grössere Zustimmung erwartet. Zudem ist die EDU sicher, dass «der Zeitgeist der LGBT-Lobby derzeit starken Rückenwind» gegeben hat. Der Einsatz der Partei für «die Meinungs‑, Glaubens‑, Gewissens- und Gewerbefreiheit» sei von Anfang an «auf grossen Widerstand» gestossen.
Für die Junge SVP war der gestrige Abstimmungssonntag «enttäuschend» und für den «Gesinnungsterror und die massive Einschränkung der Meinungsfreiheit» seien nun Tür und Tor geöffnet, wie die Partei schreibt. «Der LGBT-Lobby ist es u.a. dank enormen finanziellen Ressourcen und der Unterstützung fast aller Parteien gelungen, den neuen Gesetzestext als zusätzlichen Schutz für Homo- und Bisexuelle zu inszenieren und von den tatsächlichen negativen Folgen des Gesetzes abzulenken.» Unsicherheit und Angst seine Meinung zu sagen oder seine Gesinnung zu offenbaren, «seien ab heute Realität». Ausserdem werde sich die Junge SVP «konsequent gegen weitere Ausdehnungen des Gesetzes wehren».
Die Schweiz sendet ein starkes Signal
Und noch ein Blick nach Deutschland: Unter dem Titel «Schweiz sendet starkes Signal» gratuliert der Lesben- und Schwulenverband Deutschland der Schweiz: «In der Schweiz haben sich in einer Volksabstimmung über 63 Prozent der Bürger*innen dafür ausgesprochen, dass homophobe Anfeindungen und Hetze genauso rechtlich verfolgt werden sollen wie rassistische Anfeindungen oder Anfeindungen wegen der Religion». Die Volksabstimmung sei ein beeindruckendes Signal von Solidarität und Problembewusstsein, wie gravierend auch homophobe Hasskriminalität sei.