Eine Gesellschaft, die Hass nicht stoppt, verhindert das Zusammenleben in Frieden und Freiheit – eine urschweizerische Grundidee unserer «Confoederatio Helvetica». Ein Grund mehr, am 9. Februar ein deutliches JA zur Erweiterung der Rassismus-Strafnorm in die Urne zu legen.
Gestern habe ich in Form eines Newsletters der SVP von Michael Frauchiger Post erhalten. Als Schwuler ist er überzeugt, dass «in der Community längst nicht alle der irreführenden Behauptung folgen, Hass und Hetze liessen sich per Gesetz aus der Welt schaffen». Und er ist ebenso überzeugt, dass nicht alle LGBTI «dem linken Gesinnungsterror» verfallen sind.
Als Queer*Aktivist setze ich mich schon seit vielen Jahren für Akzeptanz und Normalisierung ein. Und ich verlange Gleichberechtigung und keine Sonderrechte. Die Gegner der Abstimmung vom 9. Februar empfinden aber gerade die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm als «Sonderrecht». Dieser Sonderschutz würde die LGBTI-Gemeinschaft «stigmatisieren, als schwach darstellen», schreibt Michael Frauchiger im Newsletter weiter.
Für mich ist jedoch klar, dass Minderheiten einen Schutz verdienen. Zu einer Minderheit zu gehören, hat nichts mit Schwäche zutun – denn eine Gesellschaft, die Hass nicht stoppt, verhindert das Zusammenleben in Frieden und Freiheit – eine urschweizerische Grundidee unserer «Confoederatio Helvetica».
Bisher schützt die sogenannte Rassismus-Strafnorm eine Person oder eine Gruppe von Personen vor öffentlichem Hass und Diskriminierung aufgrund ihrer Rasse, Ethnie und Religion. Wird die Abstimmungsvorlage am 9. Februar angenommen, wird zusätzlich öffentlicher Hass aufgrund der sexuellen Orientierung geschützt. Ein Ablehnen dieser Gesetzeserweiterung kann gerade bei jungen Leuten ein fatales Signal auslösen, da die Wahrscheinlichkeit eines Suizidversuches bei jungen homosexuellen Menschen noch immer bis zu fünf Mal höher ist als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Im Vergleich dazu wirkt die Behauptung im Newsletter von Michael Frauchiger, dass «jedes SVP-Mitglied tagtäglich mehr Diskriminierung, Hass und Hetze erfahre als ein Homosexueller» als Hohn. Queere Jugendliche brauchen Vorbilder, Unterstützung und Beratung. Dafür gibt es u.a. DU BIST DU. Für den vollständigen Schutz vor Hass, Hetze und Diskriminierung fehlen aber wichtige Gesetze. «Um eine Abnahme der Suizidversuchsrate und ein sicheres Umfeld für ein Coming-out zu erreichen brauchen wir Beratungsangebote und den gesetzlichen Schutz», schreibt Patrick Weber, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Soziale Arbeit, auf Facebook.
Aktuelle Abstimmungsumfrage
Das Komitee für den Schutz vor Hass am 9. Februar ist beunruhigt über die neuste SRF-Abstimmungsumfrage: «Trotz der weiterhin klaren Mehrheit für die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm kann sich das Abstimmungsresultat noch immer ändern», das habe sich in der Vergangenheit schon mehrfach gezeigt.
Die neuste SRF-Umfrage zur Abstimmung zeigt einen Rückgang der Zustimmung um 4 Prozent. Die klaren Befürworter stagnieren bei 52 Prozent, jedoch ging der Anteil der «eher Ja»-Stimmen deutlich zurück. Das beunruhigt Florian Vock, Co-Präsident vom Komitee: «Die Angstmacherei der Gegner verfängt offensichtlich. Das ist gefährlich, denn wir wissen aus der Vergangenheit, wie schnell die Mehrheiten kippen können. Trotz klaren Umfragewerte waren die Resultate am Abstimmungssonntag schon mehrmals anders.»
Die Stimmbeteiligung ist mit voraussichtlich 42 Prozent unterdurchschnittlich und vor allem bei den jungen Menschen bis 39 Jahre mit 36 Prozent sehr tief. Doch gerade jüngere Menschen befürworten den Schutz vor Hass am klarsten, die tiefe Stimmbeteiligung in dieser Gruppe ist deshalb sehr enttäuschend.