Es sei bemerkenswert, schrieben die Zeitungen: «Die Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes befürwortet den Vorschlag des Kirchenrats mit 49:11 Stimmen». Wer also künftig zivilrechtlich heiraten kann, soll das auch in der Kirche tun können. Wie steht es aber mit den sogenannten Konversionstherapien?
Eigentlich bleibt bei näherer Betrachtung bei der reformierten Kirche vieles so wie es ist: Denn erstens muss sich keine der Mitgliedskirchen an die Empfehlungen des Kirchenbundes halten und zweitens bleibt die «Gewissensfreiheit» gewährt. Pfarrpersonen werden also nicht verpflichtet, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen.
Die Fronten sind also weiterhin klar: Da sind Reformierte, die eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtlich Liebende als «Segen ohne Segenszusage Gottes» und als einen «Missbrauch» von Gottes Namen bezeichnen und da sind aber auch Reformierte, die sich sicher sind, dass keine menschliche Erkenntnis – auch keine theologische – je Grund sein dürfe, «zwei liebenden, mündigen Menschen den Segenszuspruch zu verweigern».
Spannend auch die Kommentare unter den Artikeln. So schrieb etwa ein Leser: «Wie soll sich ein tiefst gläubiger Mensch so noch zurechtfinden? Es befremdet mich, wie traditionelle Werte durch moderne Trendrichtungen über den Haufen geworfen werden.» Ob er seinen schwulen Sohn zu einem «Homo-Heiler» in Therapie schicken würde?
Die Newssendung «10vor10» berichtete am Montag ebenfalls. Allerdings sehr kurz, um grad zum Thema «Konversionstherapie» überzuleiten. Gute Idee – stehen doch diese «Heilungen» von Homosexuellen in direktem Zusammenhang mit Religionen …
Eigenartiges Rollenverständnis: «Ich brauche keinen Mann, ich soll einer werden!»
Im Juli berichtete der «Gesundheitstipp» über den Innerschweizer Arzt Lukas Kiener, der aus schwulen Männern Heterosexuelle machen will. Dafür therapiert er «Patienten» – sogar auf Kosten der Krankenkasse. Gegenüber der evangelikalen Zeitschrift «Idea Spektrum» sagte Lukas Kiener nun, dass gegen ihn eine «Hetzkampagne» laufe. Er lasse sich aber nicht beirren, will weiterhin Schwule therapieren und rechtfertigt sich im Interview: Er erfülle doch einzig den «Auftrag» seiner Klienten.
Bei der angewendeten Therapie werde im Falle der männlichen Homosexualität die «schlechte Bindung zum Vater und zu Gleichaltrigen überwunden». Der «Patient» lerne sich abzugrenzen «gegen eine dominante, überfürsorgliche Mutter», entwickle eine «positive Identität als Mann», könne die «Männlichkeit in sich selbst wahrnehmen» und nicht mehr im «idealisierten anderen Mann». Er merke: «Ich brauche keinen Mann, ich soll einer werden!».
Gerne zitiere ich den Basler Psychotherapeuten Udo Rauchfleisch. Im «Gesundheitstipp» sagte er: «Männer, die ihr Schwulsein verändern wollen, stammen immer aus einem schwulenfeindlichen, meist fundamentalistischen, religiösen Milieu». Die Aufgabe des Therapeuten sei es, den Druck, heterosexuell zu werden, vom Klienten zu nehmen. Und der Berufsverband der Schweizer Psychotherapeuten fordert ein Verbot solcher Therapien. Seriöse Psychotherapeuten würden keinen Auftrag annehmen, einen «Patienten sexuell umzupolen».
Dort, wo sogenannte Konversionstherapien durchgeführt werden, entsteht oft schweres seelisches Leid. Diese angebliche Therapie macht krank und sicher nicht gesund – und ist auch nicht nötig, da Homosexualität eben keine Krankheit ist. Ein Verbot von Konversionstherapien wäre zudem ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen an alle, die mit ihrer Homosexualität nicht klar kommen – weil beispielsweise ihre Kirche noch immer behauptet, ihre Liebe zu einem Menschen mit dem gleichen Geschlecht sei nicht in Ordnung. Es ist okay, so wie du bist!