Im Juni hat der Bundesrat den achten periodischen Bericht der Schweiz zuhanden des UNO-Komitees gegen Folter verabschiedet. Der Bericht beantworte insgesamt 28 vom Komitee aufgeworfene Fragen und wird als Grundlage für die nächste Überprüfung der Schweiz dienen. Doch in einer soeben veröffentlichten Medienmitteilung stellt InterAction Suisse deutliche Fragezeichen zu diesem Bericht. Er sei, schreibt die Organisation der intergeschlechtlichen Menschen, sehr enttäuschend und enthalte «inakzeptable und falsche Aussagen».
Wie InterAction schreibt, werde im Bericht zwar beteuert, dass die Empfehlungen der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin umgesetzt seien oder umgesetzt würden. Doch: «Der Bundesrat behauptet, dass die heutige Praxis den Rechten von intergeschlechtlichen Menschen Rechnung trage und dass gemäss ‹Fachpersonen› der geltende Rahmen Gewähr biete, dass das Kindeswohl Vorrang bei allen medizinischen Eingriffen und Behandlungen Vorrang habe». Dies sei aber nicht nachvollziehbar. Zudem seien die meisten der Empfehlungen der Ethikkommission auch nach sieben Jahren noch immer nicht erfüllt.
InterAction fordert den Bundesrat deshalb auf, seine Aussagen zu begründen und insbesondere mitzuteilen, welche «Fachpersonen» befragt wurden.
Die im Bericht vom Bundesrat zitierte Stellungnahmen der Ethikkommission äussere sich weder zu zentralen rechtlichen Fragen noch zu den Forderungen des Kinderausschusses der UNO. Die Forderungen sollten eigentlich sicherstellen, dass Kinder mit einer Geschlechtsvariation im Kindesalter keiner unnötigen medizinischen oder chirurgischen Behandlung unterzogen werden und die Rechte von intergeschlechtlichen Kindern gegen diese schädlichen Praktiken geschützt werden (wie dies auch bei weiblichen Genitalverstümmelungen im Schweizerischen Strafgesetzbuch der Fall ist).
InterAction betont in ihrer Mitteilung ausdrücklich, dass es sich «bei intergeschlechtlichen Körpern und Geschlechtsmerkmalen um gesunde, natürliche Variationen und nicht um Krankheiten handelt».
Die Organisation stellt klar fest, dass die aktuelle Praxis die Rechte von intergeschlechtlichen Personen nicht respektiert: «Die medizinischen Praktiken (Veränderung der Geschlechtsmerkmale, hormonell oder chirurgisch) verletzen unter anderem das Recht auf persönliche Freiheit, das Recht auf Gesundheit sowie sexuelle und reproduktive Rechte, das Recht auf Gleichbehandlung und das Recht der Kinder auf besonderen Schutz ihrer Integrität und Entwicklung … und die Achtung der Menschenwürde – also mehrere Grundrechte unserer Verfassung».
Zudem habe die Schweiz die Verabschiedung gesetzlicher Massnahmen zur Wiedergutmachung der Opfer – einschliesslich einer angemessenen Entschädigung – und die Einrichtung von unabhängigen Beratungsstellen und kostenloser psychosozialer Unterstützung für intergeschlechtliche Kinder und ihren Eltern noch immer nicht umgesetzt.
InterAction Suisse fordert von der Politik ein ausdrückliches gesetzliches Verbot unnötiger und nicht einvernehmlicher hormoneller und chirurgischer Behandlungen von intergeschlechtlichen Kindern. Solche Behandlungen zielen einzig darauf ab, die Geschlechtsmerkmale zu verändern. Dieses Verbot sei notwendig, weil diese Behandlungen in der Schweiz weiterhin praktiziert werde.
In einer Umfrage von hab queer bern bei für den Nationalrat kandierenden Politiker*innen von links bis rechts war die Meinung zum Verbot von geschlechtsangleichenden Operationen an Kindern klar. So sagt etwa Vera Diener von den JUSO, dass es enorm wichtig sei, dass «die Kinder diese Entscheidung bewusst und ohne Druck selbst treffen können, wenn sie so weit sind». Und auch Janosch Weyermann von der SVP unterstützt die Forderungen nach einem solchen Verbot, da er «in solchen Operationen einen klaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Kinder sehe». Die ausführlichen Antworten wird hab queer bern Ende August veröffentlichen.