Die Staatspolitische Kommission des Ständerates ist der Meinung: Wer keine Asylgründe hat, soll nicht integriert werden. Würde diese Regelung von der Politik umgesetzt, wären da besonders LGBT-Menschen betroffen – da gerade für diese Menschen der Nachweis von Asylgründen besonders schwer ist.
Der Bundesrat stellt seinem Bericht «Vorläufige Aufnahme und Schutzbedürftigkeit» im Oktober 2016 fest, dass «die grosse Mehrheit der vorläufig aufgenommenen Ausländer*innen nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in der Schweiz bleibt, weil eine Rückkehr in den Heimatstaat nicht möglich oder nicht zumutbar ist».
Aufgrund dieses Berichts hat der Nationalrat eine Motion angenommen, welche den Status der vorläufigen Aufnahme durch einen neuen Status der voraussichtlich länger dauernden Schutzgewährung ersetzen soll. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates betrachtet diese Motion nun allerdings als «nicht zielführend» und beantragt dem Ständerat mit 7 zu 4 Stimmen ihre Ablehnung. Die Begründung:
Die Asylpolitik kann für die Bevölkerung nur dann glaubwürdig bleiben, wenn sie dem Schutz von wirklich verfolgten Personen dient. Es stösst zunehmend auf Unverständnis, dass Personen ohne Asylgründe die Sozialhilfe belasten, nachdem sie wegen Undurchführbarkeit oder Unzumutbarkeit der Wegweisung vorläufig aufgenommen worden sind. Die Zielsetzung sollte nicht die Integration, sondern die Rückreise dieser Personen in ihr Herkunftsland sein, sobald diese Rückreise möglich wird.
Sehr oft geben bei der Aufnahme LGBT-Menschen ihre wahre sexuelle Orientierung oder wahre Geschlechtsidentität nicht sofort an, da viele in ihren Heimatländern nie offen darüber sprechen durften und konnten. In der Schweiz aufgenommen sind sie zudem auch in den Asylunterkünften von Leuten umgeben, die ebenfalls aus homo- und transfeindlichen Kulturen stammten. Sie sind also nicht nur in ihren Heimatländern bedroht, sondern werden auch hier angepöbelt und weiterhin bedroht.»
Die Schweiz «eher restriktiv»
Obschon in der Schweiz die Geschlechtsidentität und die sexuelle Orientierung im Asylgesetz nicht explizit als Fluchtgründe anerkannt werden, können schwule, lesbische und trans* Menschen Asyl erhalten – wenn sie ihre Homosexualität oder Transidentität glaubhaft darlegen und die Verfolgung im Heimatland nachweisen können. Bist du, der diesen Text gerade liest, glaubhaft «heterosexuell»?
Die Argumentation, dass Schwule und Lesben ihre Sexualität in ihrer Heimat «diskret» ausleben könnten und deshalb kein Asyl erhalten, gebe es – nach Angaben der Migrationsbehörden – heute aber nicht mehr …
O. aus Nigeria
Bekannt und öffentlich wurde nicht nur in Bern die Geschichte von O. aus Nigeria. Sein Gesuch für Asyl wurde zuerst mit der Begründung abgelehnt, er könne seine Sexualität ja «diskret» ausleben. Erst durch seinen Widerstand und grosser Solidariät konnte die Ausschaffung verhindert werden. In Nigeria drohen Schwulen und Lesben bis zu zehn Jahre Gefängnis und immer wieder kommt es zu Übergriffen auf LGBT-Menschen.