Seit 1988 ist am 11. Oktober Coming-out Day. Nächsten Samstag ist es wieder soweit – und ich erinnere mich am heutigen Sonntag an mein Coming-out.
Ich war knapp über 30 – ist also schon eine Weile her – als ich meine erste grosse Liebe kennen lernte. Andy war ein Schrank von einem Mann und er machte mir Mut, endlich zur mir stehen zu können. Ich machte endlich mein äusseres Coming-out, informierte meine Eltern und den Bekanntenkreis.
In der Zwischenzeit ist mein Schwulsein kein Problem mehr – weder in meiner Familie noch an meinem Arbeitsplatz. Und trotzdem überlege ich mir regelmässig, ob ich nun auf der Strasse meine Mitschwestern mit den üblichen drei Küsschen begrüssen soll und schaue verstohlen, wer in der Nähe ist. Warum? Keine Ahnung! Ich vermute allerdings, dass dies ein «schwuler Instinkt» ist.
Zwei Ereignisse prägten den Umgang mit meiner Homosexualität:
- Im Alter von 17 guckte ich zusammen mit meinen Eltern im Fernsehen die ‹Telearena›. Ich bin noch heute nicht sicher, ob mich die Diskussion selbst oder die Reaktion meiner Eltern mehr erschreckte.
- Rund zehn Jahre später war ich fasziniert vom ersten schwulen Kuss in der ‹Lindenstrasse› – und regte mich darüber auf, dass das bayerische Fernsehen die Folge aus moralischen Bedenken nicht wiederholte und die Schauspieler Morddrohungen erhalten haben.
In der Zwischenzeit gehört es auf allen Fernsehkanälen zum guten Ton, Quotenschwule und – ganz aktuell – Transpersonen im Programm einzubauen. Und ob gerade dies zur Verbesserung der Gesamtsituation von uns LGBT-Menschen beigetragen hat? Immerhin dürfen wir gleichgeschlechtlichen Paare eine Art Ehe eingehen, wurde doch vom Stimmvolk 2005 einen eigenen Zivilstand beschlossen. Die Ehe eingehen und Kinder adoptieren dürfen wir aber trotzdem nicht.
Gründe, dass der Coming-out Day noch immer nötig ist:
- Homosexuelle Jugendliche haben ein zwei- bis zehnmal höheres Suizidrisiko als gleichaltrige Homosexuelle. Und rund 40 Prozent der Transpersonen einen Selbstmordversuch gemacht.
- Im Strafgesetzbuch gibt es keinen Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung.
- Von Transpersonen werden für die Namens- und Personenstandsänderung medizinische Massnahmen bis hin zur Sterilisation verlangt.
«Hast du dein Coming-out heute schon gehabt?» LGBT-Menschen haben immer und immer wieder ein Coming-out. So auch ich am letzten Freitag in der Patientenaufnahme des Ziegler Spitals. Die Frage nach Angehörigen habe ich mit dem Namen und der Telefonnummer meines Partners beantwortet. Die Gegenfrage, wie ich zu dieser Person stehe, fand ich als ziemlich überflüssig …