Sonntag – und ich sitze da und überlege mir gerade, ob Behörden nicht irgendwie geistig umnachtet sind, wenn sie von Menschen verlangen, ihre sexuelle Orientierung «diskret» zu leben. Kann ein Mensch die sexuelle Orientierung «diskret» leben?
Noch meine Generation von Schwulen und Lesben musste sich überlegen, ob sie ihre Sexualität verstecken oder offen leben soll. Die SOH (Schweizerische Organisation der Homophilen) und die HAB (Homosexuelle Arbeitsgruppen Bern) riefen am 23. Juni 1979 zum ersten Nationalen Schwulen-Befreiungstag auf – ich war damals 18. Verlangt wurde die Vernichtung des sogenannten Homoregister der Berner Stadtpolizei. Ein Jahr später gab der Polizeidirektor der Stadt Bern bekannt, dass einer Petition der HAB entsprochen wurde und ‹Homosexualität› in polizeilichen Registern künftig nicht mehr vermerkt werde.
Und über 30 Jahre später will das Bundesamt für Migration einen Schwulen in eines der homophobsten Länder abschieben – mit der Begründung, er könne dort ja «diskret» leben. Liebe Mitarbeitende des Bundesamt für Migration: Fragt euch doch mal, wann ihr euch entschieden habt, Hetero zu sein. Und kommt anschliessend doch bitte auf eure Entscheidung zurück …